Anlagenhydraulik für hohe BHKW-Laufzeit
Heizen mir Restwärme aus dem Rücklauf
Bei der Modernisierung der Heizungsanlage in einem Hotelobjekt in Essen wurde die Anlagenhydraulik des bivalenten Heizsystems mit einem Zwei-Zonen-Puffermanagement und dem Prinzip der Rücklaufnutzung aufgebaut. Möglich wurde dies durch den Einsatz von Mehrwege-Mischverteilern für die Pufferladung und die Versorgung der Heizkreise. Durch das Anlagenkonzept mit optimierter Hydraulik zwischen Wärmeerzeugung und -verteilung wurde der Spitzenlastkessel zum Reserve-Wärmeerzeuger, das Klein-BHKW läuft nahezu rund um die Uhr.
Das Gästehaus des Kolping-Berufsbildungswerks Essen bietet auf drei Etagen 14 Doppelzimmer, sechs Einzelzimmer und zwei Appartements. Zum Hotelbetrieb gehört eine eigene Gastronomieküche. Im Jahr 2009 wurde die Heizungsanlage komplett modernisiert. Das Anlagenkonzept umfasst ein Klein-BHKW (12,5 kWth, 4,7 kWel), einen Gas-Brennwertheizkessel für die Spitzenlast (120 kW), zwei parallel geschaltete 500-l-Pufferspeicher sowie einen Speicher-Trink-Wassererwärmer mit 500 l Inhalt, der über ein Schichtladesystem beladen wird (Bild 1).
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Die BHKW-Laufzeit ist nicht nur von der potenziellen Größe der Wärmesenke abhängig, sondern wird auch maßgeblich von der Anlagenhydraulik beeinflusst.
Schlüsselfaktoren sind ein intelligentes Puffermanagement und eine möglichst geringe Rücklauftemperatur aus der Wärmeverteilung.
Beide Funktionen – und zusätzlich die Rücklauftemperaturerhöhung für das BHKW – lassen sich mit den Mehrwege-Mischverteilern rendeMIX einfach realisieren. Die Ansteuerung kann über Standardregler erfolgen.
Unterschiedliche Systemtemperaturen
Die drei vorhandenen Abnehmerkreise arbeiten mit unterschiedlichen Systemtemperaturen:
- gemischter Radiatoren-Heizkreis: 70/50 °C
- gemischter Lufterhitzer-Heizkreis für die RLT-Anlage: 80/60 °C
- Trinkwassererwärmung: 85/60 °C
Eine der wesentlichen Planungsaufgaben für den Aufbau der Wärmeverteilung war somit, für jeden Heizkreis die richtige Vorlauftemperatur bereitzustellen. Darüber hinaus galt es, das Nutzbare Puffervolumen zu maximieren, um lange BHKW-Laufzeiten zu erzielen. Zusätzlich war in diesem Anlagenkonzept vorgesehen, das Prinzip der Rücklauftemperaturnutzung zu realisieren: Reicht die Temperatur aus dem Rücklauf eines Heizkreises aus, um damit einen anderen Heizkreis mit niedrigerem Temperaturniveau zu versorgen, sollte zuerst diese Heizwärme genutzt werden, bevor auf den Vorlauf zugegriffen wird.
Umgesetzt wurde dies mit Mehrwege-Mischverteilern vom Typ rendeMIX, die zusammen mit einem speziell entwickelten Dreikammerverteiler (Bild 2) für die richtigen Systemtemperaturen in den drei Heizkreisen sorgen. Als Bindeglied zwischen BHKW und Pufferspeicher wurde ein weiterer Mehrwege-Mischverteiler eingesetzt. Dieser erfüllt zusammen mit einem integrierten Festwertregler die notwendige Rücklauftemperaturanhebung für das BHKW und organisiert gleichzeitig die Zwei-Zonen-Beladung des Pufferspeichers.
BHKW deckt Wärmebedarf fast alleine
Über die Regelungen der beiden Wärmeerzeuger kann die Anlage fernüberwacht werden, auch die Betriebsdaten und Laufzeiten werden dokumentiert. Etwa zehn Monate nach der Modernisierung zeigten die Betriebsdaten, dass der Sptizenlast-Heizkessel nur gelegentlich startet und im Sommer ausschließlich für die Trinkwassererwärmung in Betrieb ist. Dafür übertrifft das installierte Klein-BHKW deutlich die geplante Laufleistung: Für die Planung lag eine jährliche Betriebsdauer von 7000 h/a zugrunde. Tatsächlich läuft der Motor jedoch mehr als 23 h/d, was einer Auslastung von über 96 % entspricht und hochgerechnet eine Jahresaufleistung von mindestens 8400 h/a bedeutet.
Dagegen liegt die Auslastung des 120-kW-Spitzenlastkessels bei lediglich 1,4%. Dieser Wert beruht zwar auf Betriebsdaten für die Sommermonate (Trinkwassererwärmung). Auf den ganzjährigen Betrieb betrachtet lässt sich daraus aber schließen, dass die Betriebszeiten von Spitzenlastkessel und BHKW im richtigen Verhältnis zueinander stehen: „Durch die Be- und Entladung der Pufferspeicher nach dem Zwei-Zonen-Prinzip wird die Wärmelast zunächst vollständig auf das BHKW abgewältzt, bevor der Spitzenlastkessel anspringt“, erklärt Hans-Georg Baunach, der für die Konzeption der Anlagenhydraulik (Bild 3) verantwortlich war.
Bautafel Gästehaus Marienstraße
Objekt:
- Gästehaus Marienstraße, 45307 Essen
Betreiber:
- Kolping-Berufsbildungswerk Essen
- Gemeinnützige GmbH
- www.kbbw-gaestehaus.de
Heizungssystem:
- BHKW: ecopower, 12,5 kWth / 4,7 kWel
- Gas-Brennwertheizkessel: Vaillant ecocraft 120 6/3, 120 kW
- 2 Pufferspeicher á 500 l
- Speicher-Trinkwassererwärmer: Vaillant actostore, 500 l, mit Schichtladesystem
Hydraulikplanung und Mehrwege-Mischverteiler:
- HG Baunach GmbH & Co. KG
- 41836 Hückelhoven
- www.baunach.net
Zwei-Zonen-Be- und Entladung
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Durch die Verwendung dreier Pufferanschlüsse wird der Speicher in zwei Zonen unterteilt. Über den Mehrwege-Mischverteiler zwischen BHKW und Pufferspeicher wird zunächst die obere Zone der Pufferspeicher geladen (Bild 4). Erst wenn die obere Zone vollständig aufgeladen ist, wird der untere Teil in den Ladeprozess einbezogen. Damit steht oben schneller Nutztemperatur zur Verfügung und der untere Bereich bleibt länger kalt.
- Diese Zwei-Zonen-Beladung wirkt als Rücklaufanhebung für den Wärmeerzeuger, der zur Deckung der Grundlast eingesetzt ist. Dabei wird der Rücklauf zum Wärmeerzeuger entweder mit der Mischung aus heißem Wärmeerzeuger-Vorlauf und warmem Wasser aus der mittleren Pufferzone (Phase I) gespeist oder mit einer Mischung aus warmem Wasser der mittleren Pufferzone und kaltem Heizwasser aus dem unteren Bereich des Pufferspeichers (Phase II).
- Bei der Zwei-Zonen-Entladung wird der Mischkreis der Wärmeverteilung entweder mit einer Mischung aus dem warmen Wasser der mittleren Pufferzone und dem kalten Wasser des Mischkreis-Rücklaufs versorgt (Phase I) oder mit einer Mischung aus dem heißen Wasser des oberen Pufferanschlusses und dem warmen Wasser des mittleren Pufferanschlusses (Phase II).
Prinzip der Rücklaufnutzung
- Steht im Rücklauf des Warmwasser-Schichtladesystem (85/60 °C) überschüssige Heizwärme an, wird mit dem verfügbaren Temperaturniveau der gemischte Lufterhitzer-Heizkreis versorgt. In gleicher Weise wird der Rücklauf des Lufterhitzer-Heizkreises (80/60 °C) für den Radiatoren-Heizkreis (70/50 °C) mitgenutzt. Je nach Lastfall wird die Heizwärme des gemischten Lufterhitzer-Rücklaufs über die Mehrwege-Mischverteiler für den gemischten Radiatoren-Heizkreis unmittelbar genutzt oder diesem beigemischt. Erst wenn die Wärmeenergie aus dem Rücklauf nicht mehr zur Deckung des Wärmebedarfs ausreicht, greifen die Mischverteiler auf die Pufferspeicher zu.
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Die tiefste Rücklauftemperatur der Wärmeverteilung liefert der Radiatoren-Heizkreis (50° C im Auslegungszustand). Dieser wird in eine seperate, dritte Rücklaufkammer des Heizungsverteilers eingespeist und strömt somit getrennt und ohne Vermischung in die untere Zone des Pufferspeichers zurück.
- Die Mehrwege-Mischverteiler verfügen über interne Weichen. Über die Weichen werden die unterschiedlichen Wassermengen der hintereinandergeschalteten Heizkreise automatisch ausgeglichen.
- Der speziell entwickelte Dreikammer-Verteiler gehört zum Programm von HG Baunach und wird von von Magra gefertigt.
- Alle Mischerantriebe werden durch Standard-Regler mit 230-V-Dreipunktsignal abhängig von der Temperatur gesteuert (Bild 5).
Zusammenfassung
Für die Heizkreise steht durch die Zwei-Zonen-Be- und Entladung ständig ein großes Puffervolumen mit hoher Nutztemperatur zur Verfügung. Die Rücklaufnutzung sorgt für niedrige Rücklauftemperaturen und damit für lange Laufzeiten des BHKW-Moduls. Ergänzend ist noch zu erwähnen, dass die Regelung des BHKW und des Brennwertheizkessels nicht gegeneinander verriegelt sind. Diese regelungstechnische „Freiheit“ ergibt sich als Konsequenz aus der Schichtung, die sich im Puffer stufenförmig eingestellt: dadurch lässt sich die Priorität der Wärmeerzeuger einfach, aber präzise über die Position der zugehörigen Fühler festlegen.
Die Regelung des Gas-Brennwertheizkessels überwacht in der oberen Zone des Puffers die eingestellte Mindesttemperatur für die Trinkwassererwärmung. Solange das BHKW aber genügend Wärme zur Verfügung stellt, wird diese Mindesttemperatur niemals unterschritten. Im Vergleich zu den BHKW-Laufzeiten ist der Kesselbetrieb folglich marginal: Die Betriebsdaten belegen beispielsweise, dass im Monat Juni über einen Zeitraum von 210 h der Brennwertheizkessel nur 3 h lang seine Funktion als Spitzenlastkessel für die Trinkwassererwärmung erfüllen musste. Auch im Winter bleiben trotz des Kesselbetriebs mit zehnfacher Leistung die Laufzeiten des BHKWs konstant. Die regelungstechnische Aufwand ließ sich indessen trotz optimierter Anlagenhydraulik, Puffermanagement und Rücklaufnutzung auf ein Minimum beschränken. Die Ansteuerung der Stellmotoren für die rendeMIX-Mischverteiler erfolgt über die Regelungen, die Standardkomponenten der eingesetzten Wärmeerzeuger sind.
FUNKTIONSPRINZIP rendeMIX
Der Stellkörper des Mehrwege-Mischverteilers rendeMIX verbindet nur jeweils zwei seiner drei Eingänge mit dem einzigen Ausgang (A), sodass entweder heißes (E1) mit warmem (E2) oder warmes mit kaltem (E3) Wasser vermischt wird. Auf diese Weise wird möglichst viel vorhandenes warmes Wasser genutzt und nur wenig heißes oder kaltes Wasser hinzugemischt. Damit wird die im Heizwassernetz verfügbare Temperatur maximal ausgenutzt, gleichzeitig sinkt die Rücklauftemperatur zum Wärmeerzeuger. Der Stellantrieb kann von jedem witterungsgeführten Regler (230-V-Dreipunktsignal) aus dem Kesselzubehör angesteuert werden. Alternativ steht ein Antrieb mit integriertem Festwertregler zur Verfügung.
Wolfgang Heinl schreibt als Fachjounalist für die SHK-Branche,
88239 Wangen im Allgäu,
wolfgang.heinl@t-online.de